Ein Gespräch mit Laudert-Geschäftsführer Jörg Rewer über Herausforderungen und Erfahrungen in der Corona-Zeit
Jörg, was ist das erste Wort, das dir in den Sinn kommt, wenn du auf die vergangenen Monate zurückblickst?
Jörg Rewer: „Fahren auf Sicht“. Von einer Woche auf die andere mussten wir unsere Planungen über den Haufen werfen und Situationen ad hoc neu bewerten. Was bedeuten sie wirtschaftlich für uns, unsere Kunden und Partner? Und: Wie können wir arbeitsfähig bleiben, aber gleichzeitig unsere Mitarbeiter schützen?Jeder Tag war geprägt von Neubewertungen und schnellen Maßnahmen. Auch Kurzarbeit war ein völlig neues Thema für uns. Wir haben zahlreiche Vorkehrungen getroffen, um Teams und Standorte arbeitsfähig zu halten, auch bei Corona-Fällen, die bis dato Gott sei Dank nicht aufgetreten sind.
Einer der großen Faktoren für reibungsloses und sicheres Arbeiten war die Umstellung auf Mobile Office. Wie seid ihr in der Geschäftsführung damit umgegangen?
Wir haben glücklicherweise frühzeitig in leistungsfähige Kommunikationstools investiert, um standortübergreifend arbeiten zu können. Videokonferenzen und Chats waren kein „Neuland“ für uns. Und auch Mobile Office war ein Trend, den wir mit einer Arbeitsgruppe schon länger begleiteten – aber bei einigen Themen stockte es, etwa bei der Umsetzung gesetzlicher Vorgaben, der Arbeitssicherheit, der Organisation oder der Beurteilung der Arbeitsqualität. Durch Corona waren wir aber plötzlich gezwungen, so viel wie möglich von zu Hause aus zu erledigen. Und siehe da: Es funktioniert erstaunlich gut.
So ungewöhnlich und herausfordernd die ersten Wochen und Monate waren, so wertvoll sind die Erfahrungen, die wir im mobilen Arbeiten sammeln durften. Vieles, was vorher als schwierig erachtet wurde, nehmen wir mittlerweile als problemlos wahr. Auch unsere Mitarbeiter haben ein besseres Gefühl dafür entwickeln können, was Mobile Office für sie bedeutet.
Ich denke, ein Fazit kann man jetzt schon ziehen: Wir werden standortübergreifend mithilfe unserer Kommunikationstools noch intensiver zusammenarbeiten, und mobiles Arbeiten wird ein wichtiger Teil des Arbeitslebens werden. Allerdings nicht als einzige Form – die physische Anwesenheit und der damit verbundene soziale Kontakt zu den Kollegen sind uns weiterhin sehr wichtig.
Jörg Rewer
Geschäftsführer Laudert
„Mobiles Arbeiten wird für uns ein wichtiger Teil des Arbeitslebens werden.“
In diversen Medien wurde Corona auch als Brennglas bezeichnet, durch das sich Schwierigkeiten und Probleme in einem Unternehmen herauskristallisieren. Welche Erfahrungen hat Laudert damit gemacht?
Wir haben gespürt, wie unsere Kunden so manch eingefahrenen Weg überdachten und einen Veränderungsdruck erzeugten, der auch uns zwang, aus der ein oder anderen Komfortzone herauszukommen. Die Krise hat Kräfte mobilisiert, diese Veränderungen auch wirklich anzugehen – auch wenn manchmal das Gefühl eines „Zuviel“ bleibt. Es ist wichtig, das richtige Maß zu finden, um alle mitnehmen zu können. Ehrlich gesagt war ich auch immer der Meinung, dass bei Laudert bereits alles digitalisiert wurde, was zu digitalisieren war. Aber wir haben gelernt, dass es weiterhin Bereiche gibt, die noch besser digital umgesetzt werden können.
Kommunikation war eine eurer wichtigsten Baustellen als Geschäftsführung in der Krise – untereinander, aber auch mit den Mitarbeitern und Kollegen. Wie sah euer Umgang damit aus?
Vieles musste sofort und bereichsübergreifend entschieden werden. Als recht junges GF-Team (Anm. d. Red.: Holger Berthues und Sven Henckel sind erst seit Jahresbeginn Geschäftsführer) schweißte uns das noch mehr zusammen. Enorm wichtig war es uns, unseren Mitarbeitern all die tiefgreifenden Entscheidungen transparent darzulegen. Die „Friday News“, mit denen wir unsere Mitarbeiter wöchentlich informieren, wurden zu einem ausführlichen, zentralen Kommunikationskanal. Intensiver wurde auch der Austausch mit dem Betriebsrat, der ebenfalls mit vielen Fragen zum ersten Mal konfrontiert wurde. Die konstruktive Zusammenarbeit, gerade bei Themen wie Kurzarbeit, hat uns sehr geholfen.
Positiv hervorheben möchte ich, wie alle Mitarbeiter in der schwierigen Zeit am gleichen Strang zogen und die Herausforderungen mit uns meisterten. Dafür bin ich sehr dankbar. Natürlich wünsche ich mir dennoch wieder eine Situation herbei, in der man sich persönlich und zwanglos unterhalten kann. Bis es so weit ist, muss es über diese Wege gehen.
Wir haben gelernt, dass es weiterhin Bereiche gibt, die noch besser digital umgesetzt werden können.
Welche Lehren und Hoffnungen hast du aus der Corona-Zeit bisher gezogen?
Schon vor Corona wurde immer viel über Krisen gesprochen – manchmal hatte man das Gefühl, die Gesellschaft und die Unternehmen hangelten sich von einem Krisenmodus zum nächsten. Aufgrund von Corona haben wir nun eine wirklich tiefgreifende Krise zu bewältigen. Und sie hat mir gezeigt, dass wir in der Lage sind, handlungsfähig zu bleiben und mit vereinten Kräften zu agieren. Daraus ziehe ich die Lehre, dass es wichtig ist, die Lage, die sich ergeben hat, besonnen zu beurteilen und dann zielstrebig die notwendigen, wenn auch nicht immer angenehmen Maßnahmen zu erklären und umzusetzen.
Ehrlich gesagt hätte ich nicht gedacht, dass es in Deutschland so viele Menschen gibt, die Corona leugnen oder den Staat als solchen in Frage stellen. Ich habe daher umso mehr die Hoffnung, dass wir die Situation weiterhin gemeinsam ernst nehmen und so einen starken Anstieg der Infektionszahlen verhindern. Für Laudert erhoffe ich mir, dass sich nach dem spürbaren (und zu erwartenden) Einbruch in Q2 die Auftragslage erholt – und da scheinen wir auf einem guten Weg zu sein. Die derzeitigen Zahlen lassen mich optimistisch auf die nächsten Monate schauen.
Eine private Frage zum Abschluss: In vielen Haushalten hat Corona dazu beigetragen, dass Kochen statt Essengehen wieder deutlich an Wertigkeit zugenommen hat. Hast du besondere kulinarische Erinnerungen an die Zeit?
Stimmt. Wir essen mehr zuhause und das schätze ich sehr. Da unsere Tochter im Sommer aus ihrem Auslandsjahr aus Thailand zurückgekommen ist, profitieren wir von ihren dort erworbenen Kochkünsten. Ich war schon immer Fan der asiatischen Küche – jetzt allerdings noch mehr!